Daphne Ivana Sagner im Interview mit FIETE
Noch bevor sie ihre Bachelorarbeit anmelden konnte, fischte sie der erste Arbeitsmarkt vom Campus der Christian-Albrechts-Universität. Wie Daphne Ivana Sagner (27) als Moderatorin des Online-Senders Viertes Deutsches Fernsehen (VDF) gegen eine Welt der Diskriminierung, Vorurteile und soziale Ungleichheit kämpft.
FIETE: Daphne, während deines Studiums hast du eine Anfrage für eine Moderation bekommen. Wie lief das genau ab?
Daphne: Auf der Party einer Freundin unterhielt ich mich über das Projekt „Darf ich deine Haare anfassen?“ – also ein Videobeitrag zu übergriffigem Verhalten. Erst am nächsten Tag kristallisierte sich heraus, dass ich dabei vor der Kamera stehen und eine Straßenumfrage machen sollte. Und wie ich so bin, habe ich es dann einfach gemacht. Ich sprach daraufhin mit meinem späteren Chef, Michel Abdollahi, über den Beitrag und die Weiterentwicklung dessen zum Vierten Deutschen Fernsehen.
Was ist das Vierte Deutsche Fernsehen?
Ein unabhängiger Online-Sender mit Sitz in Hamburg, der viele unterschiedliche Formate veröffentlicht. Grundsätzlich geht es dabei aber immer um soziale Fragen, Ungleichheiten und Themen, welche in der Öffentlichkeit gehört werden sollten.
Und was sind das für Themen?
Für einen Beitrag zum Catcalling bin ich beispielsweise durch Hamburg gelaufen und habe wildfremde männliche Personen bewusst und offensiv angeflirtet, so wie es Frauen alltäglich erleben – und das ganze als Video veröffentlicht. Der Clip ging viral und ich habe neben einigen Beleidigungen aber auch viel positiven Zuspruch von Frauen und Männern bekommen.
Das ist schon ein ernstes Thema, dem du aber mit Humor begegnest. Bist du ein humorvoller Mensch?
Ich habe auf jeden Fall zwei Seiten – eine humorvolle und eine eher kritische. Ich denke, dass manche Themen mit Humor besser verdaulich sind. Gerade wenn diese etwas ernster sind.
Wie Rassismus zum Beispiel. Warum ist das auch heute noch ein so präsentes Thema in der Gesellschaft?
Weil wir Rassismus internalisiert haben und weil es häufig ein Bildungsproblem ist. Es geht andererseits um Macht und Ignoranz. Kein Mensch gibt gern Macht ab. Da ist noch ganz schon viel Bedarf und Aufklärungsarbeit nötig. Es gibt natürlich Dinge, die ich lieber tun würde, aber solange ich in einer Welt lebe, in der Rassismus vorherrscht, habe ich das Gefühl, dass ich etwas dagegen tun muss. Ich glaube, dass sich da gerade etwas ändert, aber sehr langsam.
Du engagierst dich außerdem im Kollektiv afrodeutscher Frauen in Kiel. Worum geht es dabei?
Das ist eine Initiative, bei der sich schwarze Frauen und Mädchen vernetzen, miteinander reden – eben empowern können. Wir sprechen häufig über Erfahrungen, Ressentiments und machen politische Bildungsarbeit. Vor allem nach dem Tod von George Floyd haben wir gemerkt, wie wichtig das Thema Rassismus gegenüber people of colour ist und dass etwas getan werden muss. Wir haben gemerkt, dass viele people of colour Redebedarf haben. Und diesen Menschen bieten wir einen Raum.
Ursprünglich hast mit dem Studium der Europäischen Ethnologie/Volkskunde an der Kieler CAU begonnen. Wieso?
Ich wusste nach dem Schulabschluss nicht genau, was ich beruflich machen sollte und absolvierte ein Freies Soziales Jahr in einer kulturellen Einrichtung. Hier sprach ich mit Dr. Kathrin Sinner, ehemalige Dozentin am Seminar für Europäische Ethnologie/Volkskunde, über die Inhalte des Studiengangs, die mich sofort faszinierten. Der Blick auf eine oder verschiedene Kulturkreise innerhalb Deutschlands von innen heraus und diese Sichtweise auf die Welt – das fand ich spannend. Ich bin ein Mensch, der sich gern ausprobiert und so war es auch mit dem Studium. Nun bin ich dabei geblieben und wäre vielleicht schon mit der Bachelorarbeit fertig, doch dann kam alles anders.
Du hast also schon vor, das Studium zu beenden?
Auf jeden Fall. Ich habe grundsätzlich auch schon ein Thema, anmelden muss ich dies allerdings noch. Und die Zeit haben, sie zu schreiben. Momentan arbeite ich einfach sehr viel.
Wie oft bist du eigentlich noch in Kiel?
Zu selten! Ich fahre her, sobald ich die Zeit finde und bin immer wieder froh, wenn ich das Meer sehe. Kiel ist ein Zuhause geworden und ich vermisse die Landeshauptstadt, wenn ich nicht hier sein kann.
Und an welchen Locations trifft man dich dann?
Ich bin schon häufig im Schrevenpark und an der Kiellinie. Früher war ich auch viel im Luna Club unterwegs, das hat sich allerdings mit Corona etwas geändert. Ansonsten mag ich die Hansa48 und das Fahrrad Kino Kombinat (FKK) sehr gern. Ich hoffe, dass ich wieder häufiger in Kiel sein kann.
Dann wünsche ich dir für deinen weiteren beruflichen und akademischen Weg alles Gute!
Vielen Dank.
Das Interview führte Sebastian Schulten.