Was heute unter Schlagwörtern wie Recycling, Upcycling
und Zero-Waste besonders bei jungen Menschen im Trend liegt,
lebt Christian Kuhtz eigentlich schon sein ganzes Leben. Der Kieler Autor ist ein echter Tüftler, der mit seiner Einstellung und seinem Ideenreichtum inspiriert.
Betritt man die Küche des Hauses der Familie Kuhtz, so fällt neben vielen Holzmöbeln vor allem der große Ofen direkt ins Auge. „Den habe ich selbst gebaut, als wir 1996 hier eingezogen sind. Er versorgt das gesamte Haus mit Wärme“, berichtet Christian Kuhtz. Was für andere eine technische Meisterleistung wäre, ist für Kuhtz Normalität. Das Motto des 59-Jährigen lautet: Möglichst wenig wegwerfen, dafür umso mehr selbst herstellen, wiederverwerten – und vor allem: alternative Lösungen finden.
Schon früh entwickelte der Kreativkopf ein enormes Umweltbewusstsein, was sich auch in regelmäßigen Teilnahmen an Anti-Atomkraft-Demonstrationen widerspiegelte. „Damals wurde uns vorgeworfen, dass wir keine Alternativen zu bieten hätten. Da dachte ich: ,Doch, haben wir!’ Wir wollten den Leuten zeigen, dass Windkraft sehr wohl funktioniert“, erklärt Kuhtz seinen Ansporn für ein Windrad, welches er in den 1970ern baute. Als er immer wieder danach gefragt wurde, entschied er sich, die Bauanleitung zu kopieren und anzubieten – die „Einfälle statt Abfälle“-Reihe (s. u.) war geboren, die mittlerweile über 20 Titel in mehreren Auflagen und Aktualisierungen umfasst.
Nach seinem Studium an der Muthesius Kunsthochschule, das er mit einem Produktgestaltungsdiplom abschloss, war Kuhtz drei Jahre mit dem Fahrrad unterwegs und lernte in dieser Zeit auch seine Frau kennen. Seitdem bestreitet er seinen Lebensunterhalt mit Projekten aller Art: Der Tüftler gibt Workshops, hält Vorträge auf Konferenzen oder bietet sein Know-how beim Bau von Öfen, Lasträdern oder Tonflöten an. „Von dem Geld, was andere Leute verdienen, benötige ich nur einen Bruchteil, weil ich das meiste selbst mache“, erklärt Kuhtz. Geschirr, Lampen und Möbel aus Lehm, Glas oder Holz zu bauen, dient nicht nur dem praktischen Zweck und schont Ressourcen; dem Bastler gefällt es auch, die Dinge genau so zu gestalten, wie er sie haben möchte.
Es verwundert kaum, dass bei ihm so gut wie nichts in der Mülltonne landet. Geht etwas kaputt, wird es repariert oder findet eine neue Verwendung. Aus einer löchrigen Wollsocke wird im Hause Kuhtz zum Beispiel einfach ein Handschuh gemacht. Dass für ihn das Prinzip Klasse statt Masse gilt, wird auch an dem schönen Paar Lederschuhe deutlich, die er in mühevoller Handarbeit aus einer alten Aktentasche und einem geplatzten Schubkarrenreifen geschustert hat. „Anstatt in zehn Jahren zehn Paar Schuhe zu verbrauchen, habe ich lieber dieses eine selbstgemachte Paar“, so der Wiederverwerter.
Eines wird im Gespräch mit Christian Kuhtz mehr als deutlich: Er legt keinen Wert auf moderne Technologie. Kuhtz nutzt kein Internet und besitzt weder Fernseher noch Handy oder Auto. Ihm geht es darum, das Gegebene optimal, sprich lange und vielseitig zu nutzen, und möglichst natürlich zu leben. „Das, was ich mache, ist hier zwar ungewöhnlich, in anderen Ländern aber ganz normal“, relativiert Kuhtz. Recht hat er. Dennoch ist es ein bemerkenswerter Lebensstil, der in Zeiten von Klimawandel, Überfluss und Verschwendung umso nachahmenswerter ist.
Text: Bastian Karkossa
Fotos: Finja Schulze